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Abgeschlossen: Lern- und Hygienepakete für Grundschulen im ländlichen Bihar

Das öffentliche Schulsystem in Bihar gehört zu den unterfinanziertesten in ganz Indien. Unzureichend ausgestattete Klassenzimmer, eine zu niedrige Anzahl an Lehrkräften pro Schule, lange und kontinuierliche Fehlzeiten von Lehrkräften, schwache Kontrolle durch die zuständigen Behörden und nicht funktionierende Elternvertretungen sind nur die bekanntesten und offensichtlichsten Probleme des Schulsystems. Dadurch lernen die Kinder schon in normalen Zeiten mit regulärem Schulunterricht kaum etwas. Über 50 Prozent der Kinder auf öffentlichen Grundschulen sind sogenannte first generation learners, d. h. die ersten aus ihrer Familie, die überhaupt Lesen und Schreiben lernen. Unterstützung aus ihrem Elternhaus können sie daher nicht erwarten.

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Diese Situation verschärfte sich durch die Corona-Pandemie. Infolge des landesweiten Lockdowns waren die Schulen in Indien im internationalen Vergleich überdurchschnittlich lange geschlossen. Dadurch waren viele Kinder komplett von Bildung abgeschlossen. Maßnahmen des Staates, mithilfe von Fernsehgeräten oder Online-Unterricht die Schulschließungen zu kompensieren, entfalteten für die Kinder aus besonders benachteiligten Elternhäusern keinen Nutzen. Viele von ihnen, gerade in den ländlichen Regionen Bihars, haben weder Zugang zu Fernsehern noch zum Internet. Häufig haben Familien nur ein Radio oder einfache Mobiltelefone ohne Internetzugang.

 

Nach Wiedereröffnung der Schulen waren die Auswirkungen der Schulschließungen spürbar, wie eine Studie zeigt: Über Monate waren viele Kinder komplett von Bildung abgeschnitten. Sie drohen in Kinderarbeit abzurutschen oder früh verheiratet zu werden. Von der Regierung angebotener TV- oder Online-Fernunterricht war für die meisten Kinder wegen fehlender Endgeräte nicht zugänglich. 

 

Ein weiteres Problem ist der Umgang mit der weiblichen Menstruation. Sie ist weiterhin ein Tabuthema in vielen Gesellschaftsschichten Indiens, sodass ein offener Umgang hiermit in weiten Teilen der Bevölkerung nicht stattfindet und es häufig am notwendigen Wissen fehlt. Zum anderen fehlt vielen Mädchen auch der Zugang zu Damenbinden – oft schlicht deswegen, weil sie sich diese nicht leisten können. In der Folge verpassen Mädchen im Menstruationsalter in normalen Zeiten mit geöffneten Schulen durchschnittlich vier bis fünf Unterrichtstage im Monat. Auf das Jahr gerechnet verpassen sie so anderthalb bis zwei Monate Unterricht.

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Das Projekt

 

Wir verteilten mit unserer Partnerorganisation Prayatna Lernmaterialien wie einfache Spiele zum Selbstlernen, Kinderbücher und einen Kalender mit verschiedenen Aktivitäten an Schüler*innen in mehreren öffentlichen Grundschulen in Bihar. So erhalten sie innerhalb und außerhalb der Schulen Zugang zu Bildung. Außerdem sollte nach den pandemiebedingten Schulschließungen vermieden werden, dass viele Schülerinnen und Schüler den Bezug zur Schule verlieren, was dazu führen könnte, dass sie dieser auch nach der Wiedereröffnung ihrer Schule dauerhaft fernbleiben.

 

Alle Schüler*innen erhielten dazu waschbare Gesichtsmasken aus Stoff. Die Mädchen der Jahrgänge 6 bis 8 (nach dem 8. Schuljahr endet die Grundschulzeit und damit auch die Schulpflicht in Indien) bekommen zusätzlich kompostierbare Menstruationsbinden.

 

Die Mitarbeiter*innen von Prayatna betrieben bei der Verteilung auch Aufklärung hinsichtlich der Einhaltung von Hygienemaßnahmen, zur weiblichen Menstruation und nur Nutzung der Lernmaterialien.

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Der Fokus des Projektes lag auf älteren Grundschulklassen (Jahrgänge 6 bis 8), weil die Abbrecherquote nach der 5. Klasse am höchsten ist, vor allem bei Mädchen aus den genannten Gründen. Ein Grund hierfür ist die finanzielle Not der Familien, die die Kinder zum Arbeiten zwingt, , um Einkommen zu generieren. Je länger sie der Schule fernbleiben, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr. Doch gerade diese Schuljahre sind der Grundstein für eine spätere Aus- bzw. Universitätsbildung.

Die Schulen und Dörfern, in denen das Projekt durchgeführt wurde, wurden durch den Bedarf an diesen Materialien ausgesucht. Hierzu konsultierte Prayatna Behörden und Eltern- sowie Dorfvertreter.

 

Produktion und Bezug der Damenbinden und Gesichtsmasken
 

Die Damenbinden produzierten Frauen aus schwierigen sozio-ökonomischen Verhältnissen im Rahmen einer Selbsthilfegruppe unter dem Dach der Organisation “Aakar Innovations”. Dieses Sozialunternehmen ermöglicht es den Frauen, innerhalb ihrer Dorfgemeinschaften bezahlbare, vollständig kompostierbare und qualitativ hochwertige Damenbinden zu produzieren.

Insgesamt 30 bis 40 Frauen sind im Rahmen der gesamten Wertschöpfungskette tätig.

Damit einher geht eine Aufklärungskampagne unserer Partnerorganisation Prayatna zum Thema „Menstruation“ in Schulen und Dörfern.

 

Auch die Gesichtsmasken wurden von lokalen, durch Prayatna unterstützte Selbsthilfegruppen produziert.  Diese Selbsthilfegruppen bestehen aus transsexuellen Personen, die auch in Indien diskriminiert werden und daher oftmals wenig Zugang zu Erwerbsarbeit haben. 

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