Pfeffenhausen/Berlin/Cambridge/Muzaffarpur – Er hat ein breites Lächeln im Gesicht, seine Augen sind neugierig und hoffnungsfroh. Der Junge aus der siebten Klasse zeigt den Besuchern sein kleines Tagebuch, in das er seine Gedanken, kleine Zeichnungen und ungewöhnliche Beobachtungen aus seiner Umgebung einträgt. Sein Rätsel bewahrt er nachts unter dem Kopfkissen auf, um es zu beschützen. Mit seinen fünf Geschwistern mag er es nicht teilen, weil er Angst hat, es könne beschädigt werden.
Die Besucher in der Schule waren Mitarbeiter:innen unserer Partnerorganisation Prayatna. Zusammen haben wir im vergangenen Jahr an insgesamt 11 öffentlichen Schulen im Distrikt Muzaffarpur Lern- und Hygienepakete an die Schüler:innen verteilt. Muzaffarpur liegt im nordöstlichen Bundesstaat Bihar, der zu den ärmsten in ganz Indien gehört.
Die Corona-Pandemie hat die Bildungsungleichheit in Indien weiter verschärft. Auf die öffentlichen Schulen gehen nur diejenigen Kinder, deren Eltern so arm sind, dass sie sich selbst solche Privatschulen nicht leisten können, deren Preise vergleichsweise niedrig sind. Durch die monatelangen Schulschließungen zur Eindämmung der Infektionszahlen fehlte vielen dieser Schüler:innen der Zugang zu Lerninhalten. Distanzunterricht erreichte sie nicht, weil es an entsprechenden Technologien mangelte. Erste Untersuchungen zeigen, dass die ärmsten Schulkinder im Lernfortschritt am weitesten zurückgefallen und viele ältere Schulkinder die Schule abgebrochen haben.
Um den Schüler:innen den Wiederbeginn des Schulunterrichts zu erleichtern und ihnen auch für den Fall erneuter Schulschließungen Materialien an die Hand zu geben, verteilten Mitarbeiter:innen von Prayatna an rund 1950 Mädchen und an rund 1950 Jungen zwei Geschichtenbücher, ein Tagebuch, ein Rätsel und eine medizinische Maske sowie Desinfektionsmittel. Die Mädchen erhielten dazu eine Packung Damenbinden. Denn in den ländlichen Gebieten Indiens ist das Thema weiterhin ein Tabu. Fehlende Informationen über das Thema verursachen bei Tausenden von heranwachsenden Mädchen und Frauen Krankheiten, die manchmal sogar tödlich enden. Die Verteilung von Damenbinden mit einhergehender Aufklärung soll diesen Missstand beseitigen.
„Wir freuen uns, dass wir mit unserem Projekt den betroffenen Mädchen und Jungen den Wiederbeginn des Schulunterrichts nach monatelangem Unterrichtsausfall etwas erleichtern konnten“, sagt unser 1. Vorsitzender Martin Haus. „Besonders wichtig war uns dabei, gemäß unserer Vereinsphilosophie in die bestehenden öffentlichen Strukturen zu investieren und diese zu stärken.“
Insgesamt haben wir für das Projekt rund 13.500 Euro an Fördermitteln bereitgestellt. Einen Großteil des Geldes hat dabei die Hilfsorganisation BILD hilft e. V. „Ein Herz für Kinder“ beigesteuert. Auch die Emil und Marianne Lux Stiftung aus Remscheid förderte das Projekt finanziell.
Dass das bereitgestellte Geld gut angelegt ist, bestätigte ein Schulleiter den Mitarbeiter:innen von Prayatna bei einem späteren Besuch. Er erzählte, dass die Schüler:innen von den Büchern sehr begeistert wären und die Lehrkräfte die Materialien immer wieder auch in den regulären Unterricht einbauten.
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