10 Jahre Projektarbeit in Indien: Nitya Bal Vikas feiert Geburtstag
- NBV
- 19. Juni
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Aktualisiert: vor 2 Tagen
Alles begann am 20. Juni 2015 in der Küche einer Wohngemeinschaft in Berlin-Kreuzberg: Sieben Studierende, die sich aus einem gemeinsamen einjährigen Internationalen Jugendfreiwilligendienst in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi kannten, besprachen die letzten noch offenen Details und erweckten anschließend den Verein „Nitya Bal Vikas Deutschland e. V.“ (NBV) zum Leben. Vereinssitz wurde Pfeffenhausen im Landkreis Landshut, der Heimatort von Gründungsvorstand Martin Haus. Der Name unseres Vereins steht für „nachhaltige Kindesentwicklung“ und wurde zum Leitmotiv für die sich schon bald anbahnende Projektarbeit sein. Unser Ziel war klar: Menschen am Rande der indischen Gesellschaft zu unterstützen, um ihnen und damit ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen.


In den zehn Jahren seit der Gründung flossen insgesamt knapp 80.000 Euro in Projekte vor Ort. Davon profitieren Kinder wie der kleine Junge aus der siebten Klasse, der mit einem breiten Lächeln im Gesicht und neugierigen Augen den Besuchern sein von uns finanziertes Tagebuch und Rätsel zeigt. In das Tagebuch trägt er seine Gedanken, kleine Zeichnungen und ungewöhnliche Beobachtungen aus seiner Umgebung ein. Das Rätsel bewahrt er nachts unter dem Kopfkissen auf, um es zu beschützen.
Einen Schwerpunkt der Zusammenarbeit mit lokalen Nichtregierungsorganisationen bildet ein umfassendes Bildungsprojekt mit verschiedenen Komponenten. „Wir fahren einen zweigleisigen Ansatz mit konkreten Maßnahmen in öffentlichen Schulen und Institutionen einerseits und der Arbeit an strukturellen Reformen andererseits, um Verbesserungen im Bildungssystem insgesamt zu erzielen“, fasst Martin Haus, unser 1. Vorsitzender, unsere Philosophie zusammen. Ziel sei es, das öffentliche Bildungssystem insgesamt zu stärken. „Wir wollen keine privaten Parallelstrukturen aufbauen, die am Spendentropf hängen und ins Bodenlose fallen, sobald jemand den Geldhahn zudreht“, so Haus. Statt auf aus Deutschland diktierte Hilfsprojekte setzen wir auf Entwicklungszusammenarbeit mit seinen indischen Partnern.



Beim Bildungsprojekt fokussiert sich der Verein auf die Verbesserung der Ausstattung von Bildungseinrichtungen.
In einem groß angelegten Infrastrukturprojekt renovierten wir drei Schulen in Bihar und stattete sie mit Bibliotheken aus. Dieses Projekt diente als Blaupause für viele weitere Projekte zur Errichtung von Bibliotheken in Grundschulen in Bihar, dem wohl ärmsten Bundesstaat im Nordosten Indiens, der sich zum Schwerpunkt der Aktivitäten von NBV entwickelte.




Während Indien in den Corona-Pandemie buchstäblich die Luft auszugehen drohte, legten wir ein Nothilfeprojekt auf und verteilte – wie bei jedem Projekt über lokale Partner Hygiene- und Essenspakete an Familien in prekären Wohnverhältnissen sowie an medizinisches Personal. Damit unterstützten wir Familien wie die aus dem Dorf Dharfari am Ufer des Ganges, die ohne Einkommensquelle dastanden, nachdem der Ehemann und Familienvater den Kampf gegen Covid-19 verloren hatte. Nach dem Verlust des Vaters und Ehemanns musste seine Frau und die beiden Töchter auch noch um das tägliche Überleben kämpfen.



Als die öffentlichen Schulen nach monatelangem Corona-Lockdown wieder öffneten, unterstützte der Verein Kinder aus benachteiligten Familien mit einem Startpaket aus Lern- und Hygieneartikel.


Zugleich haben wir einen Think Tank, das Education Policy Institute for Bihar (EPIB), gegründet, um Forschungsprojekte zu unterstützen, die Schwächen im öffentlichen Bildungssystem analysieren. Auf dieser Grundlage werden gezielte Empfehlungen an die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung zur Verbesserung der Situation gerichtet.
Zwar standen Kinder im Fokus der Projektarbeit der vergangenen zehn Jahre. Wir ermöglichten in unserer immer noch jungen Geschichte aber auch 2.000 indigenen Frauen im westlichen Bundesstaat Rajasthan die erste Ausbildung ihres Lebens. Indem sie nähen und schneidern lernten, konnten sie eine Einkommensquelle und damit finanzielle Unabhängigkeit von ihren Familien erzielen.

Und durch die Finanzierung von Schlafsäcken für 157 Obdachlose leisteten wir einen kleinen Beitrag, die Menschen auf der Straße im eisigen Winter der Hauptstadt Delhi vor dem Kältetod zu bewahren.

In den Schwerpunkt der Vereinsarbeit, das Bildungsprojekt in Bihar, fügen sich wiederum die jüngsten Projekte ein: Aktuell läuft am EPIB eine wissenschaftliche Analyse der Verwendung öffentlicher Gelder in Bihars öffentlichem Schulsystem. Gleichzeitig bereiten wir auch die Finanzierung von Bibliotheken in weiteren sogenannten Community Centers vor. In einer ersten Projektphase hatten wir in 100 der Center die dortigen Bibliotheken um Kinderbücher mit lebhaften und progressiven Inhalten erweitert. Die Center laufen unter einem von der Weltbank geförderten Programm des Bundesstaats Bihar und dienen als Lernzentren, in denen sich Kinder und Jugendliche auf Prüfungen oder Bewerbungen vorbereiten können. Wer dieses Projekt unterstützen möchte, kann dies am Tag unseres zehnjährigen Jubiläums, dem 20. Juni ab 9 Uhr, bis zum darauffolgenden Dienstag über die Spendenplattform „WirWunder Landshut“ der Sparkasse hier machen. Der Clou: Für jede eingehende Spende im Aktionszeitraum erhalten wir zusätzliches Geld von der Sparkasse.


Zehn Jahre nach seiner Gründung ist unser Verein also aus den Kinderschuhen herausgewachsen und zählt mittlerweile 13 Mitglieder. Doch welche Ziele haben wir für die nächsten zehn Jahre? Unser 2. Vorsitzender Benjamin Scholz wagt einen Ausblick in die Zukunft: „Wenn wir angesichts der turbulenten Weltlage durch unsere Projektarbeit weiterhin einen kleinen Beitrag leisten können, ist das schon sehr viel wert.“
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