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Denkfabrik für das Recht auf Bildung startet in Patna

Spendengelder für Schulgebühren, Uniformen und Lehrbücher sowie ständig wiederkehrende Ausgaben für Gebäude und Lehrkräfte. Klassische Entwicklungshilfe folgt einem beliebten Muster – und erweist sich doch häufig als wenig nachhaltig. Die Ursachen für Ungerechtigkeiten bleiben, systematische Veränderungen sind Fehlanzeige. Daher hat Nitya Bal Vikas Deutschland e. V. (NBV) einen anderen Weg eingeschlagen, um die Schulen im nordindischen Bundesstaat Bihar zu verbessern. „Das Geld ist oftmals vorhanden, aber es kommt nicht dort an, wo es gebraucht wird“, erklärt Martin Haus, 1. Vorsitzender von NBV. „Stattdessen sind Korruption und Vetternwirtschaft an der Tagesordnung. Die Leidtragenden sind die Kinder der Armen, die sich keine Privatschulen leisten können.“

Um an diesem Zustand schreiender Ungerechtigkeit etwas zu ändern, hat NBV zusammen mit der indischen Partnerorganisation Prayatna das Bihar Education Policy Center in der Hauptstadt Patna des Bundesstaates Bihar eröffnet. Die Einrichtung ist eine auf Schulbildung spezialisierte Denkfabrik. Geleitet wird die sie von Rakesh Kumar Rajak, einem Absolventen der Delhi School of Social Work, einer renommierten Universität in der indischen Hauptstadt. „Rakesh ist ein hervorragendes Beispiel dafür, was durch Bildung erreicht werden kann“, erklärt Vorstandsmitglied Benjamin Scholz. Geboren als Dalit (sog. Unberührbarer) im ländlichen Bihar, hatte Rakesh mit zahlreichen Widrigkeiten zu kämpfen. Er ging selbst auf marode öffentliche Schulen, er bekam die schlechte Qualität der öffentlichen Schulen am eigenen Leib zu spüren. Für ihn war es ein Kampf, es bis an die Delhi School of Social Work zu schaffen. Durch viel Fleiß, Durchhaltevermögen und ihn unterstützende Eltern schaffte er es dennoch. „Wenn ich die tausenden Kinder sehe, die noch vor Ende der Grundschulzeit die Schule verlassen, denke ich mir immer, dass auch ich das hätte sein können“, erklärt Rakesh. Stattdessen überzeugt er nun andere von der Bedeutung einer guten Ausbildung. In seinem Heimatdorf hat er eine Bibliothek eröffnet. Im Januar 2018 wurde er daher von Barack Obama zu einem Townhall-Meeting in Delhi eingeladen. „Obama war für mich immer ein Vorbild“, so Rakesh. Von Personen wie ihm möchte er sich auch in seiner Arbeit für die Denkfabrik inspirieren lassen.

Die besteht darin, die Regierung im Formulieren von Gesetzen und in der Umsetzung von bestehenden Regelungen zu unterstützen und Maßnahmen anzumahnen. „Es gibt in Indien klare Kriterien, die Schulen erfüllen müssen“, so Haus. „Dazu gehören Infrastruktur wie Toiletten und Trinkwasser, aber auch Anforderungen an die Qualifikation der Lehrkräfte und die maximale Klassengröße“, so Haus. Einzig an der Umsetzung mangelt es seit Jahren, sodass noch immer weit weniger als jede zehnte Schule diese Minimalstandards erfüllt. „Die Mittelschicht hat sich längst aus dem öffentlichen System verabschiedet. Was wir sehen ist eine Segregation, die den Armen faire Zukunftschancen raubt“, so Scholz.

Rakesh Kumar Rajak beschreibt den Start des neuen Projekts: „Unsere erste Veröffentlichung wird sich damit beschäftigen, wie wir sicherstellen können, dass Gelder, über deren Einsatz demokratisch von Elternvertretern entschieden werden sollte, nicht irgendwo auf dem Weg oder in der Schule versickern.“

„Das erfordert einen hohen Grad an Expertise, da die Systeme sehr komplex sind und man ein gutes Verständnis vom Staatsapparat und den Systemen haben muss“, erklärt Haus.

Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, setzt NBV auch in Deutschland auf einen interdisziplinären Ansatz. „Wir haben Psychologin, eine Lehrerin, eine Molekularmedizinerin, einen angehenden Master-Studenten der London School of Economics und einen angehenden Juristen in unserem Kernteam“, erklärt Scholz. In Indien gibt es neben Kumar Rajak im Team von Prayatna Absolventen der indischen Elite-Universität IIT (Indian Institute of Technology). „Ich habe Verständnis dafür, dass viele Vereine den direkten und einfacheren Weg gehen und Schulen durch Spenden unterstützen oder Patenschaften vermitteln. Einzig nachhaltig ist das natürlich nicht. Wer wirklich etwas systematisch ändern will, braucht Expertise und ein Verständnis der politischen Ökonomie des Landes“, erklärt Haus.


In diesem Video stellt Rakesh Kumar Rajak das "Bihar Education Policy Center" vor:


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